euKRIEGMontenegroAufarbeitung

Wien, [12.12.2024] – Montenegro steht kurz davor, als nächstes Land der Europäischen Union beizutreten. Doch hinter den politischen Fortschritten des Westbalkan-Staates verbirgt sich eine tiefergehende Problematik: Die unbewältigte Vergangenheit des Jugoslawienkrieges und die mangelnde Aufarbeitung der damit verbundenen Verbrechen werfen Schatten auf die europäische Zukunft Montenegros.

Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Konflikte auf dem Balkan bleiben viele Kriegsverbrechen ungelöst und oft aus der öffentlichen Debatte ausgeschlossen. Diese politische und gesellschaftliche Passivität birgt das Risiko, alte Konfliktlinien neu zu entfachen und langfristig den Frieden in der Region zu gefährden. Eine echte europäische Integration kann jedoch nur durch umfassende Aufarbeitung und Versöhnung gelingen.
"Die EU-Erweiterung ist ein Schritt in Richtung Stabilität und Sicherheit – aber sie allein reicht nicht aus. Wenn die Länder des ehemaligen Jugoslawiens ihre Vergangenheit nicht aktiv aufarbeiten, bleibt die Gefahr bestehen, dass sich Geschichte wiederholt," betont Philipp Wohltmann, dessen aktuelle Dokumentation auf Okto die Lage in Montenegro analysiert.
In seiner Dokumentation zeigt Wohltmann auf, wie tief die gesellschaftlichen und politischen Strukturen noch von den Nachwirkungen des Krieges geprägt sind. Dabei stellt er zentrale Fragen: Warum scheuen viele Staaten des ehemaligen Jugoslawiens die Auseinandersetzung mit ihrer Schuld? Und wie kann die internationale Gemeinschaft, aber auch jeder Einzelne, dazu beitragen, dass Versöhnung und Erinnerungskultur gestärkt werden?
 
Ein Aufruf zur Verantwortung:

Neben der Forderung an politische Akteure setzt Wohltmann auch auf das Engagement von Einzelpersonen. "Erinnerungsarbeit beginnt im Kleinen – in Familien, Schulen und lokalen Gemeinschaften. Jede Stimme, die sich für Aufklärung und Frieden einsetzt, kann eine große Wirkung erzielen," erklärt er.
Ein Vergleich mit der Nachkriegsgeschichte Österreichs zeigt, wie entscheidend die Aufarbeitung für den Aufbau einer stabilen Gesellschaft ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Österreich zwar politische und wirtschaftliche Fortschritte gemacht, doch die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit wurde jahrzehntelang vernachlässigt. Erst durch spätere Generationen und gesellschaftlichen Druck begann eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte, die heute ein zentraler Bestandteil der österreichischen Erinnerungskultur ist. Dieses Beispiel unterstreicht, dass auch Montenegro und die Nachbarstaaten die Chance haben, durch Aufklärung und Versöhnung eine nachhaltige europäische Zukunft zu gestalten.
Die Dokumentation stellt nicht nur die Probleme in den Mittelpunkt, sondern zeigt auch Lösungsansätze auf: Von Bildungsinitiativen bis hin zu bürgerlichen Dialogen – es gibt Wege, um die Gesellschaft zu sensibilisieren und die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu halten.
Die Ausstrahlung der Dokumentation erfolgt auf Okto am 12.12.2024 um 21:40 Uhr.
 
Über Philipp Wohltmann:

Philipp Wohltmann ist freier Journalist und arbeitet in Wien.

Über Okto

Als nichtkommerzieller TV-Sender ist Okto seit Herbst 2005 mediale Plattform für eine pluralistische Gesellschaft. Der Mitmachsender bietet interessierten Menschen und Communities die Möglichkeit, ihre Themen und Anliegen selbstbestimmt ins Fernsehen zu bringen. Okto vermittelt das entsprechende Know-how und stellt die technische Infrastruktur sowie die Programmplätze bereit. Mit seinen vielfältigen, immer wieder ungewöhnlichen und oft widerspenstigen Inhalten bietet das partizipative Medium seinen Zuseher*innen ein interessantes Komplementärangebot, in dem vieles Platz hat, was weder im öffentlich-rechtlichen noch im privat-kommerziellen Fernsehen zu sehen ist.

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